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Pressemitteilung: Erneute Zunahme rechter Gewalt in NRW – Jahresbilanz rechter Angriffe 2022 | Monitoring rechter, rassistischer, antisemitischer Gewalt in NRW 2022 von OBR und BackUp

Die Fachberatungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in NRW verzeichnen erneut eine Zunahme rechter Angriffe. Insgesamt erfassten OBR und BackUp 371 Fälle rechter Gewalt mit mindestens 501 direkt betroffenen Personen. Zahlreiche darüber hinaus ermittelte Verdachtsfälle konnten aufgrund fehlender Informationen nicht in die Statistik mit einfließen. Die diese noch übersteigende Dunkelziffer rechtsmotivierter Gewalt schätzen die Fachberatungsstellen als sehr hoch ein.

Erneute Zunahme rechter Gewalt in NRW – Jahresbilanz rechter Angriffe 2022
Gemeinsame Pressemitteilung der Fachberatungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt

Die Fachberatungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in NRW verzeichnen erneut eine Zunahme rechter Angriffe. Insgesamt erfassten OBR und BackUp 371 Fälle rechter Gewalt mit mindestens 501 direkt betroffenen Personen. Zahlreiche darüber hinaus ermittelte Verdachtsfälle konnten aufgrund fehlender Informationen nicht in die Statistik mit einfließen. Die diese noch übersteigende Dunkelziffer rechtsmotivierter Gewalt schätzen die Fachberatungsstellen als sehr hoch ein.

Körperverletzungsdelikte weiter auf Höchststand – Ausmaß von Gewalt alarmierend
Für das Jahr 2021 registrierten OBR und Backup insgesamt 158 Körperverletzungsdelikte (eine versuchte Tötung, 69 gefährliche Körperverletzungen, 88 einfache Körperverletzungen). Im Jahr 2022 sind diese bereits alarmierenden Zahlen erneut gestiegen: Insgesamt erfassten die Fachberatungsstellen 205 Körperverletzungsdelikte. Dabei handelt es sich um drei versuchte Tötungen/schwere Körperverletzungen, 74 gefährliche und 128 einfache Körperverletzungen.
„Der vereitelte rechtsterroristische Anschlag auf das Don-Bosco Gymnasium und die Realschule Borbecker Schloss in Essen, die Schüsse auf das frühere Rabbinerhaus an der alten Synagoge in Essen, der Molotow-Cocktail-Angriff auf die Hildegardis-Schule in Bochum in derselben Nacht, der geplante Brandanschlag auf die Synagoge in Dortmund – diese Fälle zeigen die mörderische Dimension rechter Ideologie. Sie zeigen eine reale Gefahr auf – und haben damit das Potential, das Sicherheitsempfinden und die Sicherheit ganzer Gruppen und Gemeinden massiv zu schädigen.“ (Magdalena Lentsch, BackUp)

Rassismus weiterhin häufigstes Tatmotiv – Angriffe auf politische Gegner*innen nehmen wieder zu
Wie bereits in den Vorjahren bleibt Rassismus in der Auswertung von OBR und BackUp das am häufigsten festgestellte Tatmotiv. Die Fachberatungsstellen weisen nachdrücklich darauf hin: Rassismus muss als gesamtgesellschaftliches Problem anerkannt werden. Rassistische Angriffe werden keinesfalls nur durch organisierte Täter*innen verübt sondern sind schmerzhafte Alltagsrealität von betroffenen Personen.
Die Zahl der Angriffe gegen politische Gegner*innen (bzw. Menschen, die als solche gelesen werden), hat seit 2019 erstmalig wieder zugenommen. Betroffene Personen wurden dabei häufig Opfer von Bedrohungen und/oder Nötigungen seitens der organisierten Rechten. In mehreren Fällen sind wiederholte Bedrohungen bekannt.
„Bedrohungen im Wohnumfeld oder die Androhung von Gewalt führen zum Verlust von sicheren Rückzugsräumen für Betroffene. Dabei handelt es sich um organisierte Strategien, Betroffene und ihre Stimmen aus dem gesellschaftlichen Diskurs zu verdrängen. Um rechter Gewalt und menschenverachtenden Einstellungen wirksam zu begegnen, braucht es Solidarisierungsprozesse durch Zivilgesellschaft und politische Verantwortungsträger*innen. Die Stimmen der Betroffenen müssen stärker Gehör finden.“ (Fabian Reeker, Leitung der Opferberatung Rheinland)

Kritik an mangelnder Anerkennung rechter Tatmotivation
Die Fachberatungsstellen werten die Tötung von Malte C. am 27.08.2022 auf dem CSD in Münster als queerfeindlich motiviert und stellen sich parteilich und solidarisch hinter Akteur*innen der LGBTIQA+ Community. OBR und BackUp kritisieren insgesamt die mangelnde Anerkennung rechter Tatmotivation seitens Ermittlungs- und Justizbehörden. Rechte Gewalt, ihr Ausmaß sowie ihre Folgen für Betroffene werden damit unsichtbar gemacht und verharmlost.
„Nach wie vor beobachten wir, dass längst nicht alle Facetten menschenfeindlicher Einstellungen Eingang in die Praxis der Ermittlungsbehörden finden. Die Erfassung von Hasskriminalität muss weiter geschärft und konsequent angewandt werden, um realistischere Lagebilder rechter Gewalt abbilden zu können.“ (Niklas Weitekamp, Opferberatung Rheinland)

Die Opferberatung Rheinland (OBR) und BackUp unterstützen seit 2011/12 Betroffene rechter, rassistischer, antisemitischer und anderer menschenfeindlicher (kurz: rechter) Gewalt in NRW. Darüber hinaus dokumentieren sie gemeinsam die Angriffs- und Bedrohungszahlen rechter Gewalt. Diese veröffentlichen sie im jährlichen Zyklus.

Ausführliche Analysen sowie die grafische Aufbereitung der Statistik finden sich im Hintergrundpapier zur Jahresstatistik 2022. Die Grafiken sind unter Nennung der Quelle (Opferberatung Rheinland und BackUp) frei verwendbar.

Fabian Reeker (OBR)
Telefon: 0177 844 3572
Mail: info[at]opferberatung-rheinland.de

Magdalena Lentsch (BackUp)
Telefon: 0172 730 3182
Mail: contact[at]backup-nrw.org

Niklas Weitekamp (OBR)
Mail: nw[at]opferberatung-rheinland.de

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